Sunday, December 10, 2006

Isla Boca Brava

Wer hätte das gedacht? Es gibt diese Woche wieder einen Feiertag und zwar den 08.12., wo Mariae Empfängnis stilsicher in Kombination mit Muttertag zelebriert wird. Also haben wir schnell unsere Rucksäcke gepackt, um das lange Wochenende mit einem Ausflug zu nutzen. Ziel unserer Tour war dieses Mal die Insel „Boca Brava“ an der Grenze zum „Parque Nacional Marino Golfo de Chiriqui“. Der Nationalpark ist über 14000 Hektar groß und schützt 25 Inseln, 19 Korallenriffe im Pazifik, sowie ihre Bewohner. Die Isla Boca Brava ist 3000 Hektar groß, und beherbergt unter anderem drei Affenarten, vier Schildkrötenarten und 280 (!) Vogelarten. Geschützt wird dieser schöne Ort dadurch, daß er höchst schwierig zu erreichen ist…
Da Carola am Donnerstag früh einen Termin bei einem Botaniker der Universität hatte, der ihr Herbarium ansehen wollte, sind wir also zunächst bis David gedüst und haben die Uni besucht. Dort haben wir einige Botaniker kennen gelernt, das ein oder andere Schwätzchen gehalten und auch gleich eine Einladung zum im Februar stattfindenden Symposium "I Simposio de Biodiversidad en el occidente de Panama" erhalten. Ein Gang ins schnelle Internetcafe darf ebenfalls nie fehlen. Dort ist eine Bekannte von Martin, die Lisa aus Österreich, zu uns gestoßen, um am Abenteuer Boca Brava teilzuhaben. Nach Erledigung einiger Einkäufe hat Martin sich umgehend in Verhandlungen mit einigen Taxifahrern gestürzt. Denn um nach Boca Brava zu gelangen, muss man zunächst auf der Interamericana zurück Richtung Las Lajas. Am Horoncitos Turnoff aussteigen und einen Truck besteigen, der einen weiter zum Fischerdorf Boca Chica an der Küste bringt. Wir wollten uns den Busritt sparen und gleich per Taxi bis Boca Chica. Ein williger Fahrer war schnell gefunden, der Preis akzeptabel, und los ging es…

Der erste Teil der Reise bis Horoncitos verlief ohne Zwischenfälle, was wenig verwunderlich ist, bewegt man sich doch bis dort auf geteertem Highway. Ab Horoncitos war der Weg jedoch nur noch eine Schotterpiste. Zumindest auf den ersten 300m. Dann ist auch mit Schotter Schluss und man bewegt sich über rote Erde. Mit dieser Situation war unser Gefährt - eine Limousine - heillos überfordert. Bei jeder Erhebung hat es gerummst als reißt jeden Moment der Unterboden auf, wie der Auspuff nachher überhaupt noch am Wagen hängen konnte ist uns ebenfalls ein Rätsel geblieben. Den Fahrer hat das ganze wenig beeindruckt, er hat einfach die Musik etwas lauter gedreht, so dass uns zusätzlich hinten fast die Ohren weggeflogen sind. Wir vermuten ja, dass er Angst um sein Geld hatte, würde er „aufgeben“. An einer schlammigen Anhöhe war dann aber schließlich Zapfenstreich. Wir mussten aussteigen, damit der Wagen nicht aufsetzt, sondern weiterfahren konnte. Das tat er dann auch. Mit unserem ganzen Kram im Kofferraum. Zunächst waren wir etwas verdutzt ob des verschwindenden Gefährts, aber schon kam die Rettung: Ein Fischer näherte sich mit seinem Truck. Schnell den Daumen raus, hinten raufgehüpft, und die Verfolgung wurde aufgenommen. Nach ein paar kurzen Minuten war das Taxi mit dem nach wie vor in bester Laune befindlichen Fahrer erreicht. Die Sachlage war schnell geklärt. Schluss mit Limousine! Also haben wir den armen Mann erlöst, ihm sein Geld in die Hand gedrückt und sind mit dem Fischer weitergefahren. Der Fischer hatte offenbar keine Zeit zu verlieren, und ist in einem Affenzahn mit uns auf der Ladefläche Richtung Boca Chica geprescht. So eine Fahrt auf der Ladefläche ist an sich ja schon etwas ganz besonderes. Die Hinterklappe stand halb offen, weshalb Carola und Lisa, die hinten gelandet waren, sich festkrallen mussten um drin zu bleiben und nicht bei einem Schlagloch hinaus zu purzeln. Martin und ich mussten uns etwas weiter vorne vor den wild umherfliegenden Kühltruhen (mit Resten von Fischen versteht sich) schützen.
Von diesen Widrigkeiten abgesehen ist die Strecke jedoch traumhaft! Man hat wunderbare Aussichten auf die küstennahe Hügellandschaft, in der sich palmige Anhöhen mit Weiden und Wäldchen abwechseln. Dazu ein strahlendblauer Himmel und endlich, nach einer Kuppe, die türkise Pazifikküste, mit den vorgelagerten Inseln. Ab und zu ein Schwarm bunter Vögel, was will man mehr.
Nach einer erstaunlich langen Fahrt (wir hatten ursprünglich gedacht wir könnten notfalls ab Horoncitos laufen, davon würde ich jedoch eher abraten, es sei denn man hat ein Zelt und ein paar Tage Zeit) haben wir dann schließlich Boca Chica erreicht. Das Örtchen ähnelt Las Lajas, sieht man einmal von den zahlreichen vor den Häusern zum Trocknen aufgehängten Netzen ab. Die Nähe zum Meer macht sich weiterhin durch ein ausgeprägt entspanntes Verhalten der Bewohner, sowie die Anwesenheit zahlreicher Boote bemerkbar. Ein solches haben wir dann bestiegen, um damit zur Insel überzusetzen. Die Fahrt ist kurz und schön, und während man da so fährt setzt die Entspannung langsam ein: Wir sind da, und es ist toll!

Die Insel selber hat einen kleinen Steg, der an eine steile Treppe angrenzt, über die man hinauf zum Hotel/ Restaurant gelangt. Das Restaurant ragt über eine Klippe von wo man einen traumhaften Ausblick aufs Meer hat. Wir haben also ein Zimmer gebucht, schnell unsere Sachen hineingeworfen und sind los, um die Insel ein bisschen zu erforschen und uns mit einem Bad im Meer von den Strapazen der Herfahrt zu erholen. An dieser Stelle sei ein weiteres Mal bemerkt, dass man sich hier für derartigen Luxus nicht in den Ruin stürzen muss, denn das Zimmer, kostet pro Kopf und Nacht schlappe $5!
Kaum waren wir die ersten paar Meter hinter den Häusern, hatten wir unsere erste Begegnung mit Wildtieren rarer Art. In diesem Fall hatten wir sie schon vorher anhand ihres Geschreis identifiziert: Brüllaffen. Eine ganze Gruppe hatte sich auf einem Baum in Hausnähe niedergelassen, wo sie allerlei Geschäftigkeiten nachgingen. Sie hatten auch ein paar Kleine dabei, und wir haben sie ein Weilchen beobachtet, bevor wir weiter sind.

Boca Brava ist sehr felsig, daher gibt es hier auch zur Abwechslung mal einen Stein- statt eines Sandstrands. Kaum waren wir im Wasser, brach eine weitere Überraschung über uns herein: Victor, ein Freund aus David, und Melanie, eine weitere Deutsche, hatten beschlossen uns auf Boca Brava zu besuchen und haben uns am kleinen Strand aufgespürt. Also waren wir schon zu sechst. Um diese freudige Tatsache zu feiern, und weil die Sonne langsam unterging, sind wir gemeinsam zum Restaurant zurückgegangen, wo wir unseren ersten Lobster verspeist haben. Im kulinarischem Rausch haben wir versäumt dieses Ereignis fotografisch festzuhalten, aber lasst Euch gesagt sein, es war erste Sahne! Nur das Blechbesteck wäre noch verbesserungswürdig gewesen, denn das ist ungeeignet zum Schalentierknacken.
Für den nächsten Tag haben wir uns ein Boot gebucht, um den Nationalpark ein wenig zu erkunden. Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es also los.
Vorbei an Pelikankolonien sowie zahlreichen Inseln und Inselchen aller Größen und Formen erreichten wir schließlich unser Ziel. Ich dachte immer solche Inseln gibt es nur in der Karibik! Aber nein, hier war sie und wir haben sie umgehend eingenommen. Den Tag haben wir dann damit verbracht die nahen Korallenriffe zu umschnorcheln, Kokosnüsse zu leeren und uns die Sonne auf den Pelz braten zu lassen. Ein paar Bilder sagen hier wohl mehr als Worte…

Am Abend haben wir es uns ein weiteres Mal im Restaurant gut gehen lassen, diesmal bei Tunfischsteak (á 3,50), bevor wir ins Bett gefallen sind, um unsere von der Sonne geschwächten Körper für den morgigen Reisetag auszuruhen.
Um 13h ging unser Boot zurück nach Boca Chica. Um 13:15h standen wir dann in Boca Chica, wo wir erfahren haben, dass alle die ein Auto haben sowie alle Taxifahrer heute unterwegs sind. Nach geraumer Zeit des Wartens erschien dann aber doch ein Truck auf der Bildfläche. Kaum hatte er angehalten, stellte sich heraus, dass einer der Reifen platt war. Dieser Schaden musste zunächst behoben werden. Nach weiteren Minuten kam er jedoch zurück um uns mitzunehmen. Mittlerweile war unsere Gruppe um einige Arbeiter, die ebenfalls Richtung Horoncitos wollten, auf knappe 12 Personen gestiegen. Auf dem Truck befand sich bereits diverser Krempel (ein Fahrrad, ein Hahn, ein Buggy, ein Surfboard, diverse Metallteile) aber 10-12 Personen gehen immer, also haben wir uns eingeladen.

Einige Leute hingen sogar außen dran. Aufgrund heftiger Regenfälle in der Nacht war die Strasse heute in einem weit dramatischeren Zustand als beim Hinweg. Der vollbepackte Truck musste mehrmals anhalten und die Fahrgäste mussten absteigen und laufen, da es sonst hangaufwärts rückwärts gegangen wäre. Weiterhin kam es zu häufigen Rutschpartien, da das Profil der Reifen wohl auch nicht mehr das war, was es sein sollte.
Das in Kombination mit der bekannten Reisegeschwindigkeit (alles was die Karre hergibt), die ein durchgehendes krampfartiges Festkrallen nötig macht, ist nichts für schwache Nerven. Kurz und gut, ich bin tausend Tode gestorben! Aber nicht nur ich, den anderen ging es wohl genauso.
Als es dann noch anfing in Strömen zu schütten, war die Moral endgültig im Keller.

Zum Glück war Horoncitos bald erreicht, und wir konnten unsere Busse besteigen. Wie immer war der Bus noch recht voll, aber für Gringas findet sich immer ein Plätzchen. Dieses Mal war ich die glückliche, der der Ehrenplatz neben dem Fahrer zugewiesen wurde. Ein breiter Sitz mit viel Beinfreiheit, Panoramascheibe nach vorn, so lässt es sich reisen. Doch auch diese Freude wurde jäh getrübt! Ich – bekennender Weise eine schlechte Beifahrerin – sah plötzlich ein entgegenkommendes Fahrzeug von der Spur abkommen und auf den Bus zuschießen… Der Bus wich etwas aus, so dass uns das Auto nicht ganz frontal, sondern nur seitlich erwischte. Es tat einen kräftigen Schlag und der Bus schlingerte gen Böschung. „Oh“, dachte ich, „jetzt fliegen wir da auch noch den Hang runter“, aber soweit kam es zum Glück nicht, denn der Bus konnte rechtzeitig zum stehen gebracht werden.
Ich habe jetzt fürs Erste genug von abenteuerlichen Fahrten! Wenigstens war die Polizei in Null Komma nichts zur Stelle. Nicht so ein Ersatzbus. Also standen wir erstmal eine gute Weile an der Interamericana, bis alle Reisenden Plätze in den vorbeikommenden Bussen gefunden hatten.
Die Reise, die auf der Hinfahrt nur etwa 2 Stunden gedauert hatte, hatte sich somit zu einer Odyssee ausgeweitet und gegen 19h waren wir endlich heil und zufrieden im sicheren Hafen Las Lajas angelangt. Zum Glück haben wir den Sonntag noch frei, so können wir noch in Ruhe Wäsche waschen, bevor es mit der Arbeit weitergeht, aber alles in allem war es trotz aller Schreckmomente der schönste Ausflug, den wir bisher unternommen haben.

3 Comments:

At Monday, 11 December, 2006, Blogger *Verena* said...

Komm einfach schnell her, wir freuen uns immer über Besuch ;)
Wieso hast Du denn ein kaputtes Knie? Hast Du wieder Capoeira gehopst?
Xmas werde ich hier in Panama verbringen, Carola bleibt im nahen Ausland und trifft sich dort mit ihrer Family. Eine Weihnachtspalme haben wir nicht, denn - Du wirst es nicht glauben - es gibt hier ECHTE Weihnachtstannen!!! Die kosten saftige 30 Dollar und sind schon im Laden logischerweise bereits kaum noch mehr als ein Gerippe... Aber man sprüht einfach Weihnachtsduft aus der Dose drumherum und hat ein original europäisches Erlebniss!

 
At Monday, 18 December, 2006, Anonymous Anonymous said...

ich kann mich meinen Vorrednern nur anschliessen. Ich sitz hier in meinem Zimmer mit Blick auf Tristesse Freisingoise und seh euch im Wasser liegen. Da wird einem ja ganz warm ums Herz (nicht schlecht, weil Ölofenstreik in meinem Zimmer angesagt ist...)
Nun, immerhin kann ich hier mim Fahrrad alles erreichen und kann aus diesem Grund auf Horrortrips verzichten. Nur, allerdings, wenn sich der SChnürsenkel nicht in die Pedale einzieht...
Also denne,
viele Grüße
Andri

 
At Wednesday, 20 December, 2006, Anonymous Anonymous said...

Hallo ihr beiden,

die Schönheit mit Brille ist wieder zurück in Deutschland - da bin ich ja wunderbar getroffen und nein, ich habe kein Trisomie 21, wenn es auch etwas danach aussieht. Ich friere mir hier so ungefähr alles ab was an mir dran ist, wobei der Neid um meine Bräune mich doch fast soweit bringt, im T-Shirt bei 0 Grad aus dem Haus zu spazieren:-) Hab auch ein paar Bildchen hochgeladen, falls ihr ein Blick drauf werfen wollt, dann da: www.worldisround.com/home/melif/index.html
Wuensche euch noch ne schoene Yeit und Frohe Weihnachten, liebe Gruesse Meli

 

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